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AutorenbildIris Martinz

Mit dem Mustang GT rund um die Koralm

Das steirisch-kärntnerische Grenzgebiet rund um die Koralm und die Weststeiermark sind reich an Industriegeschichte, lauschigen Plätzchen und wundersamen Geschichten. Auf der Tour mit dem Mustang GT begegnen wir Stahlmonstern und halten Andacht in spirituellen Wäldern, bevor wir die Geschichte eines wirklich armen Teufels erkunden.


Wir Ostösterreicher fahren ja gerne in den Süden. Die obere Adria ist eines unser bevorzugten Ziele. Kaum jemand also, der noch nicht über den Packabschnitt der A2 gefahren ist, sehnsüchtig dem Meer entgegen. Dabei erwartet uns dort seit Jahrzehnten immer das Gleiche: zunehmend verschmutztes, bacherlwarmes Wasser, Touristenhorden, stundenlanges Anstehen für einen Platz beim Lieblingsitaliener und die immer gleichen Fetzn und Handtaschen.


Warum also nicht mal die Region zum Ziel machen, die man sonst eilig auf dem Asphaltband durchplügt? Die Weststeiermark und das steirisch-kärntnerische Grenzgebiet rund um die Koralm bieten eine Vielzahl lohnender Abstecher, Mustang-freundliche Straßen und die eine oder andere Kuriosität.


Koralm, Weststeiermark
In rund 240 km und ca. 4 h reiner Fahrzeit hat man die Weststeiermark einmal umrundet

Vom Grazer Norden aus startet man am besten über die Großgemeinde Gratwein-Straßengel und fährt entweder über Schirning und St. Oswald, oder über Judendorf Richtung Westen. Die Gegend wird von kleinen, schmalen, wenig befahrenen Straßen durchzogen wie ein saftiges Steak von Fettstreifen, allesamt recht kurvig und durch Orte, die in der Zeit stehengeblieben zu sein scheinen. Alles sieht ziemlich ähnlich aus und obwohl ich in der Gegend aufgewachsen bin, verfahre ich mich regelmäßig. Macht aber nichts, in Wahrheit führen alle Wege irgendwann nach Voitsberg, dem ersten Ziel.


Voitsberg ist eine alte Bergbaustadt, 160 Jahre lang wurde nördlich der Stadt Braunkohle abgebaut, die gleich in der Nähe im Dampfkraftwerk Voitsberg III verstromt wurde. Bis 2006. Einen Weiterbetrieb mit aus Polen importierter Steinkohle hat eine Bürgerinitative verhindert, also wurde das Kraftwerk stillgelegt und die Teile ins Ausland verkauft. Der weithin sichtbare Kühlturm wehrte sich allerdings standhaft gegen das Aus, erst beim zweiten Mal konnte ihn eine Sprengung in die Knie zwingen.


Bergbau, Voitsberg, Zangtal, Schaufelbagger, Leopold
Der Schaufelbagger Leopold trohnt über der Zangtalstraße
Schaufelbagger, Bärnbach, Hochtregisterstraße
Schaufelbagger in Bärnbach

Wie es dort einst zuging, davon bekommt man einen Eindruck, wenn man ehrfürchtig zum Herzstück des Tagebaus emporblickt: Schaufelbagger "Leopold" - 40 m lang und 12 m hoch - und einige weitere stumme Zeugen des Wirtschaftswunders können direkt in der Zangtalstraße bestaunt werden. Ein nur geringfügig kleinerer Bruder von "Poldi" steht übrigens nicht weit entfernt in Bärnbach. Das in der DDR gebaute Ungetüm ist nicht minder imposant, am Rande eines improvisierten Parkplatzes aber eher lieblos abgestellt. So als hätte man nicht so recht gewusst, wohin mit ihm. Schade eigentlich, beide Bagger sind schützenswerte Zeugnisse vergangener wirtschaftlicher Hochzeiten in der Region und hätten sich ein eigenes Freilichtmuseum verdient!


Auf der Fahrt von Bärnbach nach Köflach kommen Freunde der wiehernden Pferdestärken voll auf ihre Kosten. Inmitten saftiger Wiesen in einem herrschaftlichen Anwesen befindet sich in Piber das Bundesgestüt der Lipizzaner. Jener weißen Pferde, die in der Wiener Hofreitschule jährlich hunderttausende Touristen und Einheimische begeistern. In Piber kommt der (noch schwarze) Nachwuchs zur Welt, hier ist also quasi der Kindergarten. Das Gestüt kann besichtigt werden. Wer wie wir die PS-Hundertschaften bevorzugt, lässt das Gestüt allerdings - in diesem Fall rechts - liegen und begnügen sich mit dem Stahlbruder direkt an der Einfahrt.



Von Köflach fahren wir südwestlich auf die Packer Bundesstraße, vor dem Bau der A2 die Hauptverbindung nach Kärnten. Auf der steirischen Seite schlägelt sich die Straße gut ausgebaut und angenehm kurvig den Berg hoch und bietet immer wieder prachtvolle Aussichten auf das weststeirische Hügelland. Leider ist dieser Streckenabschnitt recht stark befahren und es gibt wenig Überholmöglichkeiten. Hinter einem LKW hat man dafür mehr Zeit, die Landschaft zu genießen!


Packer Stausee, Südufer, Ford Mustang GT
Der Packer Stausee liegt sehr ruhig und idyllisch.

Kurz vor dem Packsattel lohnt sich ein kurzer Abstecher nach Osten, zum Packer Stausee. Ca. 5 km vor der Ortschaft Pack geht es (Achtung!) rechts weg, unter der Landstraße durch, und nach ca. 3 km erreicht man den See, der malerisch und versteckt in einer Talsenke liegt. Hier ist Ruhe sanft, sehr idyllisch, vorwiegend von Fischern bevölkert. Das Südufer liegt direkt am Wald und ist damit schön schattig. Auch die Höhelage (knapp 900 m) trägt dazu bei, dass es dort auch im Hochsommer auszuhalten ist. Der Großteil des Sees ist parzelliert, es gibt aber auch einige Stellen, an denen er öffentlich zugänglich ist. Leider kann man den See mit Pony nicht vollständig umrunden, aber gerade das Südufer bietet einige tolle Foto-Spots!


Auf dem gleichen Weg zurück geht es wieder auf die Packer Bundesstraße. Nachdem man die Passhöhe (1.169 m) passiert hat, biegt man gleich wieder links ab, hinauf auf die Hebalm. Generationen von Steirern haben hier Skifahren gelernt. Ein Teil der Lifte ist seit 2015 leider nicht mehr in Betrieb, es werden im Winter aber auch Langlauf-Loipen gespurt. Nach der Gamsbergstubn linker Hand befindet sich rechts ein großer Parkplatz. Direkt dahinter liegt der öffentlich zugängliche Hebalm-See, mit eigenem See-Stüberl.


Etwa 100 m hinter dem See-Stüberl findet man im Wald eine wahre Kuriosität, die man so dort nicht vermuten würde: 1999 hat ein steirisches Künstlerpaar mit Stegen und Holzportalen genau auf der Grenze zwischen Kärnten und der Steiermark die genauen Umrisse des Mailänder Doms nachgezeichnet. Das Projekt erhielt daher den passenden Namen "Dom des Waldes". Das hölzerne Eingangsportal weist die gleichen Maße auf wie das Mailänder Original. Mittig, unterhalb eines imposanten Felsbrockens, befindet sich ein "Konzertsaal", eine kleine Freiluftbühne mit hölzernen Bänken. Kleine Schautäfelchen zeigen, an welcher Stelle des Mailänder Doms man sich gerade befinden würde. Insgesamt eine etwas unerwartete Installation, mitten im Wald! Nach letzten Medienmeldungen wurde die gesamte Anlage revitalisiert und vor allem die morschen Holzstege erneuert.

Nach dieser spirituellen Begegnung fahren wir wieder zurück auf die Packer Bundesstraße. Auf der Kärntner Seite ist diese deutlich breiter und weniger kurvenreich, und man hat sie praktisch für sich alleine. Die Straße verrengt sich dann aber hinunter in das Tal des Auerlingbachs, der für einige Kilometer die Straße begleitet. In diesem engen Tal befindet sich der fast nicht auszumachende Ort Waldenstein, den man nicht weiter beachten würde, gäbe es nicht eine äußerst schaurige Geschichte über das oberhalb der Straße thronende Schloss Waldenstein zu erzählen.


Der Legende nach wurde das um 1150 erbaute und zur fraglichen Zeit im Besitz des Bamberger Bischofs befindliche Schloss Mitte des 17. Jahrhunderts von einem rasend eifersüchtigen Schlossherrn bewohnt. Als die Schlossherrin im Jahre 1669 Besuch ihres Vetters Peter Eckhard von Peckern erhielt, missfiel dem Schlossherrn deren (vermeintliche) Vertrautheit. Also ließ er den Nebenbuhler kurzerhand ins Burgverlies sperren und jämmerlich verhungern. Erst Jahre später, als das Schloss vom Kärntner Vizedom Peter Philipp von Dernbach käuflich erworben wurde, wurde sein an die Wand gelehntes Skelett gefunden, dem ein Finger fehlte. Diesen hatte der Bedauernswerte sich nämlich abgebissen, um mit seinem Blut ein anklagendes Vermächtnis an die Wand zu schreiben. "O Richter, richte recht! Denn du bist Herr und ich bin Knecht. Wie du wirst richten mich, so wird Gott einst richten dich!", hatte er seinem Blut abgetrotzt. Der Herr hat seinem Flehen offenbar nicht entsprochen und den grausamen Mord entsprechend gesühnt. Weder Kalk noch Farbe vermochten die Klageschrift bisher zu überdecken!


Schloss Waldenstein
Schloss Waldenstein

Persönlich überzeugen kann man sich davon leider nicht, das Schloss steht heute im Besitz der Kärntner Montanwerke, die direkt darunter ein Werk betreiben. Daher ist es nicht öffentlich zugänglich. Aber schon von außen passt der schaurige Eindruck zur gruseligen Legende, ob sie nun wahr ist oder nicht!


Am Talende mündet die Straße in das Tal der Lavant, von den Kärntnern liebevoll "Lovntol" genannt. Es erstreckt sich bis zur Staatsgrenze im Süden, wo die Lavant in die Drau mündet. Wir verlassen das Lovntol aber gleich wieder in Frantschach-St. Gertraud. Der Ort war früher, als die A2 noch nicht gebaut war und man ihn auf dem Weg in den Süden durchqueren musste, berühmt berüchtigt. Direkt im Ort befindet sich nämlich eine Zellstofffabrik, deren bestialischer Gestank früher bereits einige Kilometer vor dem Ort des Autofahrers Nase rümpfte. Heute ist es zwar deutlich besser, wenn auch immer noch wahrnehmbar.


Mitten im Ortszentrum des geruchsgeplagten Frantschach zweigt die Straße links ab hinauf auf die Weinebene, eine weitere Grenzalpe, knapp 1.700 m hoch. Die Straße über die Weinebene wird in vielen Motorradtour-Führern als eine der schönsten Österreichs genannt, zu Recht! Auf die zahlreichen Motorradfahrer sollte daher immer ein Extra-Auge geworfen werden, da sie bisweilen in ihren Schräglagen mehr Platz beanspruchen, als ihnen zustehen würde.


Auf der Kärntner Seite bis zur Passhöhe schlägt das Mustang-Herz höher, wenn der Sport-Modus seinen Auftritt hat. Steile Anstiege und enge Kurven schreien förmlich nach einem Extra-Antritt! Und der wird redlich belohnt, nur wenige LKWs stören die freie Fahrt. Auf der Passhöhe befindet sich ein weitläufiges Ski- und Wandergebiet.


Weinebene, Passhöhe, Ford Mustang, Windräder
Passhöhe Weinebene (1.668 m)

Ab der Passhöhe ins Tal ändert sich das Terrain, man wähnt sich eher wie auf der Autobahn. Die Straße ist breit und wenig kurvenreich, man cruised gemütlich ins Tal, das Bremspedal wird kaum bemüht. Das hätte auch jener Busfahrer beherzigen sollen, der 1999 45 ungarische Schüler vom Skigebiet ins Quartier ins Tal hätte bringen sollen. Am Berg offenbar unerfahren, überhitzten die Bremsen und der Bus überschlug sich in einer Kurve. 18 Kinder fanden den Tod. Eine transnationale Katastrophe!


Hoffentlich sicher im Tal angekommen, erreicht man Deutschlandsberg. Wer noch Zeit und Muße hat, wählt den Weg über Eibiswald und die steirische Weinstraße bis nach Spielfeld, die wir mit Sicherheit in einer eigenen Tour mal vorstellen werden. Ansonsten geht es über die Radlpassbundesstraße zurück nach Graz. Diese Landstraße ist ebenfalls sehr schön zu fahren und gut ausgebaut. Allerdings auch vielbefahren. In Frauental lohnt sich ein Abstecher zur Konditorei Leitner, über die Region hinaus bekannt für leckere und große Eisbecher.







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